Wer entscheidet über Art und Ort der Beisetzung? Das Recht der Totenfürsorge

csm_Paragraph_Gerd-Altmann--geralt-_pixelio.de_6aa9221c54Wer entscheidet über Art und Ort der Beisetzung? © Gerd Altmann/ pixelio.de

Beschäftigt man sich mit anonymen und sozialen Bestattung, steht man vor einer grundsätzlichen Frage: Wer hat rechtsverbindlich über die konkreten Bestattungsmodalitäten zu entscheiden?

 

Diese Überlegung wiederum führt zu der Frage, welche Möglichkeiten der Einzelne zu Lebzeiten hat, einen konkreten Bestattungswunsch verbindlich festzulegen. Dass dazu oftmals Veranlassung besteht, liegt auf der Hand. Denn die Bestattungsvorstellungen von Hinterbliebenen entsprechen oftmals nicht nur aus Kostengründen, sondern auch aus Gründen der Praktikabilität nicht den zuvor geäußerten Wünschen des Verstorbenen. Dieses Spannungsfeld wird bereits an den im Artikel „Anonyme und soziale Bestattung“ zitierten Meinungsäußerungen  deutlich. Insbesondere hier gehen die Meinungen so weit auseinander, dass eine Internetuserin sogar rundheraus erklärt, sie würde sich – gegen den erklärten Willen ihrer Mutter – über die Durchführung einer anonymen Bestattung aus eigenen Beweggründen hinwegsetzen. Ebenso naheliegend ist die Vorstellung, dass Angehörige einen konkret geäußerten Bestattungswunsch schlicht ignorieren und die billigste Bestattungsvariante wählen. Als sei all dies noch nicht unerfreulich genug, kommen dann noch die Fälle hinzu, in denen sich die Angehörigen untereinander nicht über eine Bestattungsvariante oder einen Bestattungsort einigen können.Es besteht also Handlungsbedarf.

 

Totenfürsorge
Ist der Todesfall eingetreten, ist derjenige entscheidungsbefugt, dem das Recht der Totenfürsorge zusteht. Dieses im Familienrecht wurzelnde und gewohnheitsrechtlich anerkannte Recht beinhaltet die Befugnis, die Aufbewahrung, Beerdigung und Grabpflege eines Verstorbenen zu bestimmen. Dieses Recht steht nach ständiger Rechtsprechung nicht etwa zwingend den Erben, sondern dem Ehegatten oder jeweils nächsten Angehörigen eines Verstorbenen aufgrund seiner familienrechtlichen Bindungen zu. Dieser Grundsatz ist bereits vom Reichsgericht entwickelt und bis heute durch die Rechtsprechung ausgestaltet worden. Kommt es unter den nächsten Angehörigen des Verstorbenen zum Streit über die Bestattungsmodalitäten, so gebührt dem überlebenden Ehegatten grundsätzlich ein Vorrecht bei der Wahrnehmung der Totenfürsorge (OLG Schleswig, NJW-RR 1987, 72; OLG Zweibrücken, MDR 1993, 878)

 

Streitfall anonyme Bestattung
Dies bedeutet aber keineswegs, dass beispielsweise der überlebende Ehegatte als Inhaber der Totenfürsorge in seinen Entscheidungen völlig frei wäre. So hat beispielsweise das Amtsgericht Frankfurt am Main im Jahre 1997 klargestellt, dass das Recht zur Totenfürsorge nicht die Befugnis umfasst, ohne entsprechenden Willen des Verstorbenen eine anonyme Beerdigung unter Ausschluss der anderen nächsten Angehörigen anzuordnen. Im Streitfall hatte der überlebende Ehemann versucht, seine verstorbene Frau nach aufgetretenen Streitigkeiten anonym unter Ausschluss der gemeinsamen Kinder bestatten zu lassen. Dies hat ihm das Amtsgericht untersagt. Dabei hat das Gericht darauf hingewiesen, dass der zur Ausübung der Totenfürsorge Berechtigte an den irgendwie geäußerten oder auch nur mutmaßlichen Willen des Verstorbenen gebunden ist (so auch BGH FamRZ 1992, 657). Das Gericht forderte das Vorliegen eindeutiger Anhaltspunkte dafür, dass die Verstorbene zuletzt tatsächlich eine anonyme Beerdigung wünschte. Vereinzelt dahingehende Äußerungen in der Vergangenheit reichten dem Gericht nicht aus. Andererseits hat das Gericht bei dieser Gelegenheit klargestellt, dass ein ausdrücklicher – auch formloser – Wunsch der Verstorbenen nach anonymer Bestattung in jedem Falle zu respektieren gewesen wäre, auch gegen den Willen des Inhabers der Totenfürsorge und der übrigen nächsten Angehörigen.

 

Der Wille des Verstorbenen
Auch andere Gerichte haben dem Willen des Verstorbenen absoluten Vorrang eingeräumt. Dabei kommt es nicht darauf an, wie der Verstorbenen seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat. Dies kann durch Erwähnung in einem Testament oder einem anderen Schriftstück geschehen, durch lebzeitigen Abschluss eines Bestattungsvertrages, durch Abgabe einer entsprechenden lebzeitigen Erklärung gegenüber der Gemeindeverwaltung, aber auch formlos durch schlichte Erklärung gegenüber dritten Personen. Entscheidend ist lediglich die Nachweisbarkeit, was natürlich bereits die Schriftform einer solchen Erklärung nahe legt. Ein konkreter Bestattungswunsch sollte als möglichst deutlich und jedenfalls in schriftlicher Form niedergelegt werden.

 

Bestattungswunsch gerichtlich durchsetzen
Hegt man bereits zu Lebzeiten Zweifel, ob der nach dem Ableben zur Totenfürsorge Berechtigte dem Bestattungswunsch auch tatsächlich entspricht, sollten vorsorglich andere nahe Angehörige zu Lebzeiten ins Vertrauen gezogen und mit der Überwachung beauftragt werden. Denn entspricht der Inhaber der Totenfürsorge nachweislich nicht dem erklärten Willen des Verstorbenen, kann dies mit gerichtlicher Hilfe durchaus erzwungen werden. Dies sollte dann aber möglichst kurzfristig durch das Einwirken einer einstweiligen Verfügung vor der Beisetzung geschehen, da sich nach erfolgter Beisetzung Friedhofsverwaltung und auch Gericht mit der Genehmigung einer Umbettung erfahrungsgemäß schwer tun.