Sargtrends, gibt es sie? Und wenn ja was ist im Moment angesagt? Anders als in der Modeindustrie lassen sich in der Sargindustrie Trends nicht klar definieren. Es zeichnen sich allenfalls Tendenzen ab. Zum Beispiel wurden helle Holztöne in den letzten Jahren stärker nachgefragt als dunkle.
Eines lässt sich hingegen klar feststellen: es werden immer weniger qualitativ hochwertige Särge verkauft und immer mehr schlichte und preisgünstige Modelle nachgefragt. Die Zunahme von Billigbestattungen hat der Sargindustrie in den letzten Jahren schwer zu schaffen gemacht und auch in den kommenden Jahren scheint keine Besserung in Sicht. Durch den Verfall der Sterbekultur, das gestrichene Sterbegeld und höhere Holzkosten ist die Nachfrage nach möglichst schlichten und kostengünstigen Särgen in den letzten 15 Jahren stetig angestiegen. Mehr als jeder zweite Sarg, der in Deutschland verkauft wird, wurde im Ausland gefertigt. Besonders mit den Preisen aus Osteuropa können die Hersteller aus Deutschland nicht mithalten. Nur selten setzt sich die höherwertige Qualität der Produkte aus deutscher Fertigung gegen die Preisvorteile der Importe aus Polen oder der Ukraine durch.
„Eine leichte Tendenz zu kostengünstigeren Särgen gab es bereits vor 2004. Seitdem aber vor sieben Jahren das Sterbegeld abgeschafft wurde, ist der Bedarf nach einfachen und preisgünstigen Sargmodellen zunehmend angestiegen“, berichtet Eberhard Hollmann, Geschäftsführer der Eberhard Hollmann GmbH & Co. Die Vertreter der deutschen Zulieferindustrie für das Bestattungsgewerbe versuchen dem Preisverfall entgegenzuwirken, indem sie den Bestattern kontinuierlich sowohl eine breite Produktpalette, als auch immer wieder neue Sargvarianten anbieten. Gegen den harten Preiskampf unter den Bestattern kommen sie jedoch nur schwer an.
Preisgünstige Bestattung gewünscht
In der heutigen Zeit wird kaum noch Wert auf einen hochwertigen Sarg gelegt. Allgemein wird der Beerdigung in unserer Gesellschaft kein großer Stellenwert eingeräumt. Während im 19. Jahrhundert die Beerdigung als eine Art Abschiedsfest zelebriert wurde und Familie, Freunde und Nachbarn dem Verstorbenen die letzte Ehre erwiesen, möchten heutzutage die Hinterbliebenen mit der Beerdigung möglichst wenig Arbeit haben und diese schnellstmöglich „abwickeln“. Natürlich sollte das Ganze dann auch noch so wenig wie möglich kosten. Zu Lebzeiten geben die meisten Deutschen aber eine Menge Geld für Prestigeobjekte aus, fahren exklusive Autos und tragen teure Kleidung. Auf der anderen Seite haben sie wiederum kein Geld, um ihrem verstorbenen Verwandten zum Abschluss noch einmal etwas Gutes zu tun. Sicherlich gibt es viele Menschen, die sich eine teure Beerdigung einfach nicht leisten können.
Doch immer mehr ist zu beobachten, dass auch die Mittelschicht auf preisgünstige Bestattungen setzt. Viele Kunden berichten dem Bestatter, dass sie wenig Geld haben und sich aus diesem Grunde für eine Feuerbestattung entscheiden müssen, fahren dann aber mit einem luxuriösen Auto nach Hause. Wenn es tatsächlich so vielen Menschen schlecht geht, warum hat dann die Auto- und Modeindustrie in den letzten Jahren nicht ebenfalls immense Einbußen? „Schön wäre es den Menschen die Wertigkeit eines guten Sargs wieder näher zu bringen, denn jeder Mensch sollte würdevoll bestattet werden“, resümiert Jörg Reuter. „Es ist schade, dass in Deutschland nur noch wenig Wert auf eine angemessene Abschiedsfeier gelegt wird. Ein Sarg kann Ausdruck der Persönlichkeit des Verstorbenen sein und die Wertschätzung der Familie widerspiegeln“, so der Vertriebsleiter der Hans Wendel & Co. GmbH.
Kostengünstig versus hochpreisig
Viele Bestatter argumentieren, dass sie ihr Angebot lediglich nach den Wünschen des Kunden ausrichten. Aber nicht jeder Kunde möchte immer einen möglichst billigen Sarg kaufen. Wenn dem Kunden jedoch 80 Prozent preisgünstige Särge angeboten werden und nur 20 Prozent qualitative und hochpreisige Särge und der Bestatter das Verkaufsgespräch auf die kostengünstigeren Produkte fokussiert, dann ist es nur verständlich das sich der Kunde für ein preisgünstigeres Sargmodell entscheidet. „Wenn aber Sargmodelle in drei unterschiedlichen Preisklassen angeboten werden, dann wählen Hinterbliebene oftmals das Modell im mittleren Preissegment“, bemerkt Siegfried von Lauvenberg, Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Zulieferindustrie für das Bestattungsgewerbe (VDZB) e. V. Zulieferer und Bestatter müssten gemeinsam an einem Strang ziehen, um dem Strukturwandel in der Gesellschaft begegnen zu können. Eine systematische Preisgestaltung kann ein bis zwei Prozentpunkte Steigerung des Ertrags bringen. „Eine aktive, systematische Preisgestaltung findet oftmals nicht statt. Dabei ist gerade dies eine entscheidende Stellschraube“, ist sich Siegfried von Lauvenberg sicher. „Hinzu kommt, dass die angebotenen Preisunterschiede oftmals viel zu sehr auseinander klaffen. Wenn mir ein Sarg um die 400 Euro und andere Modelle erst ab 950 Euro angeboten werden, dann wähle ich natürlich eher das preisgünstigere Modell“, ergänzt Jörg Reuter.
Dem Kunden ein vielfältiges Angebot machen
Das Wissen um die Qualität und Vorteile hochwertiger Särge haben viele Kunden nicht. So sollte von vornherein keinesfalls davon ausgegangen werden, dass der Kunde immer einen kostengünstigen Sarg bevorzugt. Einige Angehörige legen immer noch großen Wert auf die letzte Bettung des Verstorbenen. Eine vielfältige Auswahl und ein detailliertes Verkaufsgespräch, in dem alle Vor-und Nachteile der Sargtypen beleuchtet werden, hilft dem Kunden eine wohlüberlegte Entscheidung zu treffen. „Ein breitgefächertes Angebot hilft wiederum dem Kunden, das für ihn richtige Modell zu finden. Nur wenn mir etwas 100 prozentig gefällt, gebe ich dafür auch gerne etwas mehr Geld aus“, berichtet Jörg Reuter.
Gemeinsam gegen den Preisverfall
Bei vielen Bestattern hat mittlerweile ein Umdenken stattgefunden. Sie richten ihr Augenmerk auf ein individuelles Beratungsgespräch und bieten ihren Kunden nicht nur Standardmodelle an. Mithilfe von Schulungen und Seminaren unterstützt der VDZB diesen Ansatz. „Das Verkaufsseminar von Sabine Coners ‚Besser beraten und verkaufen auch in schwierigen Zeiten‘ haben bereits über 100 Bestatter mit großer Zustimmung besucht“, berichtet Siegfried von Lauvenberg. „Zusammen mit den Bestattern können wir versuchen dem Negativtrend entgegenzuwirken“, so der Geschäftsführer des VDZB.
Es wird ein langer Weg aus der Abwärtsspirale von Preis und Qualität werden. Zurzeit liegt eine Entspannung oder Verbesserung der wirtschaftlichen Situation, vor dem Hintergrund des enormen Preis- und Wettbewerbsdrucks, noch in weiter Ferne.