Marco Weinand ist Geschäftsführer von JUVO.PRO und weiß: Die Abläufe von Arbeitsprozessen sind in der Bestattungswelt so unterschiedlich wie die Branche selbst. Mit individuell programmierten IT-Lösungen und -Services für Bestattungsunternehmen, Krematorien und Friedhöfe gestaltet das Unternehmen Werkzeuge für effizientere Prozesse und eine digitale Wettbewerbsfähigkeit.
Wo steht die Branche in puncto Digitalisierung aktuell?
Es werden viele spannende Innovationen entwickelt, die vor allem dazu dienen, Abläufe zu vereinfachen, Effizienz zu steigern und Qualitätsmanagement- und Datenschutzkriterien einzuhalten. Bis zu 50 DSGVO-konforme Prozesse müssen heute in einem Krematorium beschrieben und akribisch dokumentiert werden. Für die manuelle Dokumentation hat kein Mitarbeiter während der Arbeitszeit Luft. Zudem sind die Anforderungen mittlerweile so komplex, dass Mitarbeiter mit dem Gesamtumfang oft überfordert sind.
Durch die Einführung der Verwaltungssoftware sprechen wir am Beispiel der marktführenden Krematorien, die wir betreuen, von Quoten über 30 bis 40 Prozent Zeitersparnis bei der gesamten Prozesskette der Auftragsbearbeitung; z.B. von der Reservierung von Terminen für die Teilnahme bei der Übergabe ans Feuer bis hin zu den Möglichkeiten, erforderliche Dokumente, Urkunden und Bescheinigungen über universelle Schnittstellen entgegenzunehmen bzw. auszutauschen.
Was sind für Sie als Software-Unternehmen die größten Herausforderungen in der Bestattungsbranche?
Wir profitieren von unseren langjährigen Erfahrungen und Impulsen aus anderen Branchen wie Fuhrunternehmen oder forensische Institute. In der Bestattungsbranche haben wir unzählige Möglichkeiten, althergebrachte Prozesse zu vereinfachen und so zu standardisieren, dass vom Bestatter über das Krematorium bis zur Behörde alle etwas davon haben im Umgang mit der immensen Datenflut. Das beste Beispiel ist unser erster Krematorium-Kunde, das Rhein-Taunus-Krematorium. Mit Hilfe der Digitalisierung haben wir hier nach und nach sämtliche Arbeitsprozesse optimiert. Mit unseren Archiv-Systemen digitalisieren wir Auftragsdokumente, Bescheinigungen und Urkunden platzsparend und zukunftssicher für spätere Recherchen und Rückfragen. Selbst Dokumente und Vorgänge aus den Anfängen des Unternehmens vor vielen Jahren sind so zuverlässig elektronisch in der aktuellen Management Software des Rhein-Taunus-Krematoriums verfügbar.
In der Bestattungsbranche steht die Betreuung von Mensch zu Mensch im Vordergrund – die IT tritt bei diesem Miteinander komplett in den Hintergrund. Wie gelingt Ihnen als Software-Entwickler dieser Spagat?
Wir haben Bestatterkunden, die gänzlich ohne EDV auskommen und kennen Friedhofsverwaltungen, die nur die notwendigsten Dinge im Computer erfassen. Auch in Krematorien gibt es unterschiedliche Grade der Digitalisierung. Womit allerdings alle kämpfen: Meist geht die Kommunikation auf sämtlichen Kanälen ein: Fax, Mail, Telefon oder persönlich. Diese Multichannel-Kommunikation zentral zu bündeln, ist unsere Aufgabe. Eine weitere Herausforderung ist es, Produkte auf die unterschiedlichen Regularien aller 16 Bestattungsgesetze anzupassen.
Als wir vor zehn Jahren mit Kremationssoftware angefangen haben, mussten wir erst einmal schauen, welche Prozesse in Handarbeit geschehen und welche digitalisiert werden können. Da sich das diese in jedem Krematorium unterscheiden, wird die Software individuell programmiert. Denn allgemeingültige Standardprozesse gibt es nicht. Das fachliche Know-how und die jahrelange Erfahrung liegen beim Bestatter. Daher ist es wichtig, ihm keine 08/15-Software überzustülpen, sondern Werkzeuge so zu gestalten, dass er alles erfassen kann, was ihm am Herzen liegt und ihn die EDV zuverlässig unterstützt.
Welche Rolle spielt die Kontrolle über sensible Daten?
Viele Unternehmen in der Bestattungsbranche hängen auch deshalb noch so sehr am Fax, weil sie sicher sein können, dass sensible Daten nicht irgendwo gelagert oder verarbeitet werden, wo sie es nicht mehr nachvollziehen können. Unsere Kunden möchten, ob digital oder klassisch aufgestellt, Ihre Kernprozesse, gewohnte Abläufe und vor allem ihre Daten zu jedem Zeitpunkt selbst in der Hand behalten. Hier gilt: Vertrauen ist gut, aber Kontrolle ist besser.
Darum ist auch die Cloud aus unserer Sicht keine Lösung für Bestatter und Krematorien, die auch unterwegs unabhängig von einer stabilen Internetverbindung agieren können müssen – sei es mit Auftragsdaten oder einem Produktkatalog. Dank Komprimierungstechnik kann der Bestatter immer und überall auf alle auftragsrelevanten Daten und Dokumente mit der JUVO.BMS-App zugreifen – auch ohne mit dem Internet verbunden zu sein, also unabhängig von Cloud- und Online-Systemen. So hat er sein Büro auf seinem Mobilgerät immer dabei. Daten aktualisieren und synchronisieren sich automatisch, sobald er wieder online ist. Die Software hilft, die Kontrolle zu behalten und schafft Zeit für das Wesentliche. Dabei ist auch der Kostenfaktor interessant: Nicht in die Digitalisierung zu investieren, ist in den meisten Fällen mittelfristig wesentlich teurer, als sich eine individuelle Software programmieren zu lassen.
Haben Sie eine Vision für die Zukunft der Digitalisierung der Bestattungsbranche?
Unsere Vision ist es, komplexe Regularien, Vorgaben und Besonderheiten einer der traditionellsten Branchen überhaupt, zu vereinfachen. Wir wollen auch zuvor sehr konservativ und analog arbeitende Menschen, also Neulinge im Umgang mit der EDV, dabei unterstützen, auf einfache Weise wesentlich effektiver und zeitsparender zu arbeiten und die so entstehenden neuen Potentiale und Ideen zu nutzen.