Von Anita Reijerink, Amelius
Der Tod eines Kindes ist das Schlimmste, das einem Elternteil passieren kann. Wir haben 2002 den Tod eines Frühgeborenen miterlebt. Zu der Zeit gab es für Frühgeborene und Verstorbene wenig
bis gar nichts: keine Kleidung, keine bunten Körbe oder Kisten und
oft noch nicht einmal Optionen für eine Beerdigung. Aus dieser
Notwendigkeit heraus gründeten wir Amelius und erfuhren im
Laufe der Zeit viel Bestätigung, wie wichtig es ist, verstorbenen
Kindern jedes Alters einen würdigen Abschied zu geben.
Amelius mit Sitz in den Niederlanden fertigt Abschiedsprodukte
nach Maß aus weitgehend natürlichen Materialien. Wichtig ist
uns eine moderne Optik und eine weiche Haptik. Spezielles saugfähiges Material in Matratzen und Wickeltüchern beispielsweise
begrenzen den Feuchtigkeitsverlust. Das Kind kann angezogen und
liebevoll in einen kleinen Sarg oder Korb gelegt werden. Für Babys,
die bereits während der Schwangerschaft versterben, eignen sich
beispielsweise spezielle Frotteekörbchen, in denen die Eltern ihr
Baby noch bei sich behalten können. Von einem so liebevoll gebetteten Kind können trauernde Eltern wesentlich leichter Abschied
nehmen.
Immer mehr Möglichkeiten
Eltern sind machtlos, wenn ihr Kind stirbt. Oft wissen sie nicht,
wo sie anfangen sollen. Ein kleiner Trost: So wenige Produkte und
Möglichkeiten es noch vor 20 Jahren gab, so vieles ist heute glücklicherweise möglich. Stirbt ein Kind, sind seine Eltern nicht weniger
stolz als auf ein lebendiges Kind. Sie möchten es häufig den Menschen in ihrer unmittelbaren Umgebung zeigen – trotz der Angst,
es könnte womöglich für andere abschreckend aussehen. Normalerweise sind es Außenstehende, die den Anblick als „beängstigend“ empfinden. Dabei ist das Bild in ihrem Kopf viel schlimmer
als die Realität. Ich empfehle daher immer, die engsten Menschen
in den Abschied einzubeziehen.
Das verstorbene Kind bleibt immer ein Teil des Lebens seiner
Eltern. Es machte sie zu Eltern, die Großeltern zu Opa und Oma,
den Bruder oder die Schwester zu Geschwistern. Ich habe einmal
die werdende Großmutter eines Babys kennengelernt, das im Mutterleib verstorben war. Ihre Tochter wollte nichts mit dem Baby
zu tun haben. Die Oma war verzweifelt, als sie zu uns kam. Als wir
MaßgeschneiderteGeborgenheitim
KÖRBCHEN Von Anita Reijerink, Amelius
unsere Gründungsgeschichte erzählten und davon, wie wir etwas
Trauriges in etwas Schönes verwandelten, schaffte es die Tochter
schließlich, sich nach der Geburt von ihrem Kind zu verabschieden.
Unsere weichen Körbchen haben einen großen Einfluss auf Eltern
und nehmen ihnen oft die Berührungsangst – wie auch das Beispiel
einer jungen Mutter zeigt, die ihre verstorbene Tochter während
des Gottesdienstes im Körbchen in ihrem Arm hielt und es im Krematorium schließlich dem Feuer übergab. Sie sagte uns später, sie
habe das Gefühl gehabt, sie noch einmal mit ihrer Körperwärme
wärmen zu können. Welch emotionale und schöne Erfahrung!
Zurück zum Element Wasser in der Abschiedsbox
Wird ein Kind viel zu früh geboren oder stirbt bereits während
der Schwangerschaft, ist die Haut sehr locker und sensibel. Eine
Berührung kann die Eltern verängstigen, zumal sich die Haut häufig schnell dunkel einfärbt. Dies kann verhindert werden, wenn das
Kind unmittelbar nach der Geburt in (kaltes) Wasser gelegt wird
– der Umgebung, aus der es stammt. Das wird in dem Moment
sichtbar, in dem es wieder die Kindslage einnimmt, die Haut sich
aufhellt und entzerrt. Auch schöne Bilder des Fötus sind jetzt möglich. Familie und Freunde können sich gemeinsam von ihm verabschieden und das Baby sogar berühren. Die Methode ist denkbar
einfach: Es wird lediglich ein Behälter mit Deckel und Wasser benötigt. Eigens hierfür haben wir eine spezielle Abschiedsbox mit einer
Plastikschale für Föten bis zu 24 Wochen entwickelt. Sie enthält
einen Deckel, eine Wickeldecke, eine Puppe und eine passende
Kerze. Sobald das Baby geboren ist, kann es sofort in den Plastikbehälter gegeben werden, der mit kaltem Wasser vorgefüllt werden muss. Für Fotos oder den finalen Abschied kann das Baby aus
dem Wasser genommen und mit der Wickeldecke liebevoll umhüllt
werden. Die Box ist vollständig biologisch abbaubar, der Knoten
besteht aus Kokosnuss, der verwendete Klebstoff aus Kautschuk.
Die kleine Puppe ist Bestandteil jedes Korbs und jedes Sargs von
Amelius. Sie wird aus dem gleichen Material wie die jeweilige Innenausstattung gefertigt. Der Gedanke dahinter: Eltern in einer solchen Ausnahmesituation fällt es oft schwer, sich daran zu erinnern,
wie der Stoff des Körbchens oder Sarges aussah. Dank der Puppe
behalten sie ihn in greifbarer Erinnerung oder geben sie ihrem
Kind wahlweise mit ins Grab oder ins Feuer. Wir erhalten manchmal Jahre später noch immer E-Mails von Müttern, die ihrem Kind
das Püppchen damals mitgegeben haben und nun gerne zur Erinnerung eines für sich hätten.
So wichtig ist der Abschied
Welche Bedeutung der Abschied vom verstorbenen Kind hat, zeigt
das Beispiel einer alten Dame. Als sie starb, versammelten sich
ihre Kinder um sie und hörten, wie sie kurz vor ihrem Ende sagte:
„Jetzt gehe ich endlich zu Marietje.“ Ihre Kinder sahen sich verwundert an. Wer war Marietje? Schließlich fanden sie heraus, dass
ihre Mutter ihr totes Kind meinte, von dem die Geschwister nichts
gewusst hatten. Ihre Mutter wagte es erst auf ihrem Sterbebett,
darüber zu sprechen und auszudrücken, wie sehr sie ihr totes Kind
vermisst hat. Wie traurig, dass es noch immer noch so viele Menschen gibt, die ein stilles Leid empfinden und wie gut, dass wir uns
heute würde- und liebevoll von einem verstorbenen Kind verabschieden können!
Links:
www.amelius.nl
pludra.de