Kolumbarien – alte Bestattungs­form erstrahlt in neuem Glanz

csm_Frankenheim_be4arb_397a5f3276Kolumbarien. © Bestattungshaus Frankenheim GmbH & Co. KG

In Rom wurden bereits im ersten Jahrhundert nach Christus Beisetzungen in Kolumbarien durchgeführt. Diese wurden hauptsächlich von reichen Personen angelegt, da sie für ihre Sklaven auch nach deren Tod sorgen mussten. Kein Wunder also, dass die Kolumbarien aus dieser Zeit stilistisch sehr schlicht sind, denn der Bau sollte möglichst wenig kosten.

 

Aufgrund ihrer Ähnlichkeit zu einem Taubenschlag wurden die Grabkammern nach dem lateinischen Wort „columbarium“, das mit Taubenschlag übersetzt werden kann, benannt.

Die Urnen der damaligen Zeit waren tönerne Aschentöpfe, die in die etwa einen halben Meter breiten Nischen eingelassen wurden. Auf Marmortafeln über den Kammern standen die Namen der Beigesetzten. Spekulanten legten für freie Bürger, die zur Erwerbung eines eignen Grabes nicht die Mittel hatten, Kolumbarien an, in denen sie einen Platz erwerben konnten. Auch die sogenannten Sterbekassen-Gesellschaften verkauften gegen eine einmalige Kapitalzahlung und laufende Beiträge eine Grabnische. Doch trotz der weit zurückreichenden Geschichte, fanden Kolumbarien in den letzten Jahrhunderten keine große Verbreitung. Das lag vor allem an der katholischen Kirche, die bis Mitte des 20. Jahrhunderts die Feuerbestattung nicht akzeptierte.

 

Kolumbarien in Kirchen

Inzwischen hat sich die Situation vollkommen verändert. Heutzutage gibt es sogar vermehrt Kolumbarien in Kirchengebäuden. Aufgrund von rückläufigen Kirchensteuereinnahmen und dem stetigen Rückgang der Gottesdienstbesucher ist der Verkauf der Urnenplätze ein lukratives Geschäft. Eine der ersten Grabeskirchen, also eine Kirche mit integriertem Kolumbarium, war die Krefelder Pfarrkirche Erscheinung Christi im Jahr 2004. Mittlerweile gibt es ca. 10 Kirchen die zu einer Urnenhalle umgebaut wurden oder in die ein Kolumbarium integriert wurde. Nach einer zweijährigen Sanierungszeit eröffnete die katholische Allerheiligenkirche in Erfurt 2007 das erste mitteldeutsche Kolumbarium in einer geweihten Kirche.

 

Verbindung von Leben, Tod und Auferstehung

Für die Gestaltung der Urnenanlage wurde ein Künstlerwettbewerb ausgeschrieben, an dem sich zwei Künstler und drei Architekten beteiligten. Den ersten Platz belegte der Entwurf von Evelyn Körber, einer Erfurter Künstlerin. Die Urnenfächer verteilen sich auf 15 Stelen mit einem kreuzförmigen Grundriss. Jede der aus rot geädertem Stein gefertigten Stele bietet auf sechs Etagen Platz für 42 Urnen. Insgesamt gibt es im Nordschiff 630 Urnenfächer, die als Grabstelle erworben werden können. Die Frontplatten der Fächer mit den Namen und Lebensdaten der Verstorbenen sind aus sandgestrahltem Glas gefertigt, dessen Gestaltung an die Jahresringe von Bäumen erinnert. Die gesamte Anlage ist zu den Kirchenfenstern im Osten hin ausgerichtet, wo Geburt und Kreuzigung Jesu Christi dargestellt sind. Zwischen den Stelen können die Trauernden und Besucher umhergehen. Auch Rollstuhlfahrern bietet der Raum genügend Bewegungsfreiheit. Am Altar unterhalb der Fenster besteht die Möglichkeit, Blumen und Kränze niederzulegen und Kerzen zu entzünden. Eine Glaswand trennt das Nordschiff vom Südschiff, in dem heute Gottesdienste gefeiert werden. Gleichzeitig verbindet die Glaswand die beiden Räume, denn sie ist ebenfalls aus transparentem sandgestrahltem Glas und mit Bibelworten verziert. Diese können mal von der einen, mal von der anderen Seite gelesen werden und sollen die Beziehung zwischen den Lebenden und Toten unter der Perspektive der Auferstehung herausstellen. In der Allerheiligenkirche können auch nichtkatholische und säkulare Trauerfeiern durchgeführt werden.

 

Alte Tradition neu aufgelegt

Mit dem Bau von Kolumbarien in Kirchen wurde eine alte Tradition wiederbelebt. Denn bereits im Mittelalter wurde die Kirche als Begräbnisort genutzt. Nicht nur in Krypten, sondern auch im Kirchenschiff selbst wurden hauptsächlich Bischöfe, Kaiser, Könige und Fürsten beigesetzt. Beim Bau der großen St. Michaeliskirche in Hamburg legte man eine Gruft an, um Geld für den Bau des Turmes zu erwirtschaften. Die Beisetzungen waren für alle möglich, nicht etwa nur für Bischöfe oder Geistliche. Zwischen 1762 bis 1813 wurden in der Gruft 2245 Personen in 268 Grabkammern bestattet. Erst Napoleon verbot die Beisetzungsform aus hygienischen Gründen. Aus der Kirche verband, waren die meisten Kolumbarien im 19. Jahrhundert an Krematorien oder Friedhöfe angegliedert. In Deutschland entstanden die ersten Urnenhallen zusammen mit der Eröffnung der Krematorien um 1880. Allerdings hielt sich insbesondere im 20.Jahrhundert die Nachfrage nach Kolumbarien als Bestattungsform in Grenzen. Erst mit der Jahrtausendwende konnte eine steigende Nachfrage verzeichnet werden.

 

Neue Bestattungskultur erfordert alternative Bestattungsformen

Mittlerweile sind Kolumbarien als Bestattungsort gefragter denn je. Denn sie passen sehr gut ins Bild der veränderten Bestattungskultur. Der Wegfall des Sterbegeldes, veränderte Familienstrukturen und häufigere Wohnortswechsel verlangen nach einfachen und unkomplizierten Bestattungsformen. Auch steigende Friedhofs- und Grabpflegegebühren sind ein Grund warum sich immer mehr Menschen gegen ein Erdreihengrab und für eine Urnennische im Kolumbarium entscheiden. Hinzu kommt, dass viele ihre Angehörigen, die oft nicht mehr in derselben Stadt oder Land wohnen, nicht mit der Grabpflege belasten wollen.

 

Kolumbarium im Bestattungshaus

Der Wandel der Bestattungskultur war auch ein Grund, warum das Bestattungshaus Frankenheim in Düsseldorf unter der Trägerschaft der Alt-Katholischen Kirche das erste Kolumbarium der Stadt eröffnete. „Auch wir haben gemerkt, dass sich die Trauerkultur gewandelt hat und die Nachfrage nach anonymen Bestattungsformen in den letzten Jahren angestiegen ist“, erläutert Bestatter Claus Frankenheim. „Wir wollten diesem Trend entgegenwirken. Denn die namenlosen Grabstätten können aus trauerpsychologischer Sicht auf die Hinterbliebenen und ihren Trauerprozess negative Auswirkungen haben. Nicht selten haben Angehörige es nach einiger Zeit bereut den Verstorbenen anonym bestattet zu haben.“ Zwei Jahre kämpften das Bestattungshaus Frankenheim und der Gemeindeverband der Alt-Katholiken Düsseldorfs für die Genehmigung des Friedhofes, bevor das Kolumbarium 2006 eröffnet werden konnte. „Wir möchten unseren Kunden ein zeitgemäßes und menschlich sinnvolles Angebot bieten. Das Kolumbarium ist eine alternative Bestattungsform, die zugleich pflegeleicht und bezahlbar ist – und es gibt einen konkreten Trauerort“, zeigt Claus Frankenheim die Vorteile des Kolumbariums auf.

 

Codekarte für die letzte Ruhestätte
Eine Urnennische im Bestattungshaus Frankenheim kann für eine oder mehrere Urnen erworben werden. „Das schöne ist, die kleinen „Balkone“ vor den Nischen können vollkommen individuell und persönlich gestaltet werden“, erklärt der Bestatter. So können die Urnennischen mit Bildern, Blumen oder anderen persönlichen Erinnerungsstücken geschmückt werden. „Uns macht es immer wieder viel Freude zu sehen wie kreativ die Hinterbliebenen die kleine Urnennische gestalten. So hat zum Beispiel vor einiger Zeit eine Familie für den Verstorbenen eine Muschel mit aus dem Urlaub gebracht, die sie dann auf den kleinen Vorsprung gelegt haben“, berichtet der 51-Jährige. Das Kolumbarium ist rund um die Uhr geöffnet. Außerhalb der regulären Öffnungszeiten des Bestattungshauses haben die Hinterbliebenen die Möglichkeit, mit einer Codekarte die Ruhestätte aufzusuchen. Der Besuch im Kolumbarium ist wetter- und temperaturunabhängig. Im Winter ist es beheizt und im Sommer klimatisiert. „So können die Hinterbliebenen, Freunde und Bekannte in einem unserer Sessel Platz nehmen und verweilen“, beschreibt Claus Frankenheim die Räumlichkeiten.

 

Kolumbarium der Berühmtheiten

Nach der Eröffnung des ersten Kolumbariums in der Filiale Frankenheims im Düsseldorfer Süden stieg die Nachfrage stark an. „Aufgrund der großen positiven Resonanz entschieden wir uns, das Kolumbarium bereits nach einem Jahr zu erweitern und nach drei Jahren ein zweites in unserer Filiale in Düsseldorf-Derendorf zu eröffnen“, blickt der Bestatter auf die Anfänge zurück. Während in Deutschland das Interesse an Kolumbarien erst seit den letzten Jahren zunimmt, ist diese Form der Bestattung in England schon länger beliebt. Eines der bekanntesten Krematorien mit angrenzendem Kolumbarium ist Golders Green im Norden Londons. So sind unter anderem der Schriftsteller George Bernard Shaw, der Musiker und Dirigent John Barbirolli, der Wissenschaftler Alexander Fleming, Entdecker des Penicillin, sowie der Schauspieler Peter Sellers, Darsteller des Inspektor Clouseau aus der Filmserie „Der rosarote Panther“ und Sigmund Freud, Begründer der Psychoanalyse, hier beerdigt. Jedoch wählten nicht alle das Kolumbarium als letzte Ruhestätte. Einige ließen ihre Asche in den ausgedehnten Gärten des Krematoriums verstreuen.