Jugendliche und Bestattungen. Ein kleiner Praxisbericht.

Bild: fotolia-Lorenz Timm

Wir erinnern uns alle an die Zeit, als wir mit unseren Eltern nicht so richtig viel zu tun haben wollten. Die Pubertät.

 

Alles hat uns genervt. Die Schule, die Erwachsenen und die Veränderung des eigenen Körper. Wir waren dabei einen eigenen Weg zu finden, eigene Antworten zu geben, mal Vorlaut, mal leise. Aber alles war eben auch schwierig. Aber was ist, wenn es genau in dieser Zeit einen emotionalen Einschlag gibt. Jemand verstirbt: die Eltern oder jemand aus dem Freundeskreis. Welche Antworten, welche Riten, welcher Trauerumgebung hilft?

 

Trauer verändert sich mit dem Erwachsenwerden. Je älter die Trauernden, um so präsenter spiegelt sich in der Trauer auch die eigenen Vergänglichkeit wieder. Im Kinder und Jugendalter steht noch der Verlust im Vordergrund.

 

Wie spiegelt sich das in unserer Arbeitswelt wider? Wie gehen wir mit Bestattungen um, bei denen Kinder und Jugendliche präsent sind? Unabhängig davon, ob jemand Junges oder jemand Altes verstirbt.

 

Der klassische Reflex in Bestatterkreisen: Es wird bunt, wenn Kinder und Jugendliche im Spiel sind. Unser Reflex: Es wird mitgemacht, wenn Kinder und Jugendliche trauern. Wichtiger noch: wir suspendieren die Erwachsenen. Die Trennung von Hinterbliebenen in Altersgruppen ist ein essentieller Teil, wenn Jugendlich trauern. Jugendliche können, müssen aber nicht mit Erwachsenen zusammen trauern und sich verabschieden. Sie brauchen eigene „Räume“ und Möglichkeiten der Entfaltung.

 

Dieser Schritt ist für die Erwachsenen schwieriger als für die Kinde. Aber in langen Gesprächen kann man den natürlichen Beschützerinstinkt beruhigen.

 

Die ängstlichen Augen einer Mutter, während ihre kleine Tochter völlig entspannt in eine Kühlung geht, um zu verstehen (!), was mit Verstorbenen passiert, sind dementsprechend verständlich aber unbegründet.

 

Kinder und Jugendliche wollen eins: sie wollen gefragt werden. Und die Antworten sind fast immer unmissverständlich. „Nein, ich möchte meinen Vater nicht mehr sehen!“ „Ja, ich möchte die Gruft mit verschließen!“.

 

Die Schlagworte, unter denen wir dementsprechend arbeiten: Nachfragen-Integrieren-Suspendieren.

 

Wie setzten wir das in der Arbeitswelt um: Die beste Freundin und der Freundeskreis sind für uns oft der wichtigere Halt auch im Rahmen von Trauerfeiern für die jungen Hinterbliebenen. Aktiv sprechen wir das an und laden diese auch ein. Wir haben gute Erfahrungen damit gemacht, dass auch eine Einladung an die Klasse der trauernden Kinder zu uns in die Räume oder ein Besuch in der Schule oder dem Kindergarten vieles bewegen kann. Denn neben der Betreuung im familiären Umfeld leiden Kinder und Jugendliche häufig unter dem Gerede in ihren sonstigen sozialen Umfeldern.

 

Wenn es die Möglichkeiten hergeben, ist auch eine separate Trauerfeier nur mit den  Jugendlichen ein gutes Mittel, um die Wünsche der Erwachsenen zu berücksichtigen und den Kindern und Jugendlichen dennoch einen eigenen Raum zu schaffen.

 

Insbesondere Jugendliche benötigen Erinnerungsstücke, sei es etwas Selbstgebasteltes oder Anhänger mit einem Fingerabdruck. Dazu gibt es auch für uns Bestatter wunderbare Literatur als kleine Hilfestellung. Erinnerungsstücke nützen nicht nur der oft noch größeren Expression von Trauer im jugendlichen Alter, sondern dienen auch als verbindendes Element zu anderen Trauernden. Eine Klasse, die sich für jeden als Erinnerung an ihre Verstorbene Lehrerin den Fingerabdruck als Kette anfertigen lassen, erleben auch im Nachhinein noch eine Form des Zusammenhalts und des „gemeinsamen“ Verarbeitens.

 

Wir begreifen die Arbeit mit Jugendlichen und Kindern auch als Bildungsarbeit. Ein offenerer Umgang mit Tod und Sterben legt die Basis für alles was im erwachsenen Alter an Verlusten auftreten wird.

 

Für uns als Bestatter ist es wichtig auch zu beachten wenn Trauer einen ungesunden Verlauf nimmt und in dem Fall Antworten bereitzuhalten. Psychologische Unterstützung und Trauergruppen sind hier zumeist die einfachsten Hilfestellungen.