Jeder Bestattungsunternehmer ist auf ein Fahrzeug zum Transport von Verstorbenen angewiesen. Doch ein Bestattungswagen ist mehr als nur ein reines Transportmittel. Denn das Fahrzeug ist zugleich die Visitenkarte des Unternehmens.
Es prägt das Image nach außen und ist Grundlage für das Vertrauen der Kunden. Denn ein altes und ungepflegtes Fahrzeug, das klappernd die Straße hochfährt, wird in Kunden kaum ein Gefühl von Seriosität und Verlässlichkeit wecken. Gleichzeitig spiegelt das Erscheinungsbild auch den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens wider.
Der Totentransport aus geschichtlicher Sicht
Bereits in der Antike war der Transport eines Verstorbenen per Wagen oder – vor allem in Ägypten – Schiff zu seiner Grabstätte verbreitet. Dabei war ein solcher Transport ein gesellschaftliches Privileg, das nur sozial Höhergestellten zukam. Häufig mussten weitere Strecken bis zur Grabstätte zurückgelegt werden. So brachte der Grabplatz mit seiner Lage beispielsweise die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gesellschaftsklasse zum Ausdruck. Die praktischen Aspekte des Transports waren dabei weniger wichtiger. Entscheidend war die pompöse Ausgestaltung des Transports, um die soziale Stellung des Verstorbenen zu unterstreichen. Auch im antiken Griechenland, dem römischen Reich und anderen europäischen Kulturkreisen nahm der Totentransport eine wichtige Bedeutung ein. So wurden im mittleren und nördlichen Europa sogenannte Wagengräber verwendet. Dabei handelte es sich um Gräber, in welche die Verstorbenen zusammen mit ihrem Wagen beigesetzt wurden. Anders als in der Antike wurden im Mittelalter bis hin zur Neuzeit die Toten meist nicht gefahren, sondern getragen. Dafür wurden Totentragen, Tragbahren oder auch Totenbretter verwendet. Ebenfalls zum Einsatz kamen sogenannten Konduktsärge, eine Konstruktion aus Tragbahre und Sarg. Auch das Schultern von Särgen stellte eine übliche Transportart dar. Dass Wagen nur selten eingesetzt wurden, lag in der meist kurzen Entfernung zum Friedhof begründet. Gleichzeitig sprach das Tragen des Sarges dem Toten eine besondere Position zu. Nur bei größeren Entfernungen kamen Wagen oder Kutschen zum Einsatz – dies jedoch nur, wenn es sich bei dem Verstorbenen um einen geistlichen oder weltlichen Fürsten handelte. In solchen Fällen wurden feierliche Leichenzüge veranstaltet, für die ein normaler, von Pferden gezogener Wagen zu einer Leichenkutsche umfunktioniert wurde.
Ab dem 16. Jahrhundert begann ein sehr langsamer Übergang vom Tragen der Toten hin zur Überführung per Leichen- bzw. Sargwagen. Diese Entwicklung bezog sich zuerst allerdings ausschließlich auf sozial höher gestellte Persönlichkeiten wie Fürsten oder Könige. Grund für die Umstellung waren vor allem praktische Erfordernisse wie zum Beispiel die Überwindung längerer Strecken. In der breiten Bevölkerung setzte sich der Leichenwagen ab dem 19. Jahrhundert durch – hauptsächlich jedoch durch das Drängen der Behörden. Für sie führte der Totentransport aufgrund der immer rascher wachsenden Bevölkerung und der weiten Wege zu den Friedhöfen zu organisatorischen und logistischen Problemen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts verbreitete sich die Nutzung motorgetriebener Leichenautomobile. Ihr flächendeckender Einsatz wurde in ländlichen Gebieten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert zur Regel, in Städten bereits in der ersten Hälfte. Heutzutage gehören PKW-Bestattungsfahrzeuge schon beinahe zum üblichen Straßenbild. Nur selten kommen historische Transportfahrzeuge zum Einsatz – so zum Beispiel bei der Beerdigung des ehemaligen Wiener Bürgermeisters Helmut Zilk. Die von vier Pferden gezogene Kutsche verlieh der Beisetzung eine besondere und würdevolle Note.
Große Auswahl an Modellen
Die Produktpalette der Ausrüster von Bestattungswagen umfasst ein breites Spektrum: von auffallend über luxuriös bis hin zu einer dezenten Erscheinung des Fahrzeugs. Gleiches gilt für die Größe des Autos. Die Auswahl reicht vom Mittelklasse-PKW für zwei Särge bis hin zum Vielsarg-Transporter. Die immer größere Modellvielfalt schlägt sich auch in den Preislisten nieder; mittlerweile gibt es neben den hochpreisigen Fahrzeugen auch relativ günstige Varianten zu erwerben. Die Bestattungswagen Hentschke GmbH beispielsweise hat seit Anfang dieses Jahres den Ford Mondeo in ihre Angebotspalette aufgenommen – neben weiteren Fahrzeugmodellen wie VW oder Mercedes. „Mit diesem Fahrzeug möchten wir die Kundschaft erreichen, für die ein hochpreisiger Wagen nicht infrage kommt, die ihren Kunden aber trotzdem ein stilvolles Fahrzeug bieten möchte“, so Heiko Reineking, Verkäufer im Außendienst. Neben Limousinen und Großraumfahrzeugen für den Transport von bis zu acht Särgen hat die Firma in Salzwedel auch Gebrauchtwagen im Angebot. Heiko Reineking: „Alle Fahrzeuge, die wir ankaufen, werden von uns gründlich durchgesehen und gegebenenfalls aufgearbeitet.“ Es gibt jedoch auch Hersteller von Bestattungswagen, die sich auf spezielle Fahrzeugtypen spezialisiert haben. So zum Beispiel die Binz GmbH & Co. KG. Ihr Produktangebot umfasst zwei Kategorien: serienmäßig produzierte Bestattungswagen auf Basis der Mercedes E-Klasse und Fahrzeuge auf Nutzfahrzeug-Basis. „Unser Fokus“, so Oliver Vogel aus der Marketing-Abteilung von Binz, „liegt auf dem repräsentativen Einsatz mit ‚Publikum‘, die Nutzfahrzeuge sind für den Transportbetrieb bestimmt.“
Anonym statt repräsentativ
Anders als früher ist ein besonders exklusives Erscheinungsbild der Bestattungsfahrzeuge für die meisten Kunden nicht mehr ausschlaggebend. Die Gründe hierfür: Früher war eine luxuriöse Erscheinung des Fahrzeuges häufig wichtig für die Hinterbliebenen. Auf diese Weise konnten sie nach außen auf die Exklusivität des Begräbnisses hinweisen. Dieser Aspekt hat sich heute geändert, wenn nicht sogar teilweise ins Gegenteil verkehrt. Denn in Zeiten, in denen die Zahl anonymer und sozialer Bestattungen permanent steigt und im Rahmen der weltweiten Wirtschaftskrise verstärkt auf Preise geachtet wird, kann sich ein exklusiv erscheinender Bestattungswagen unter Umständen negativ auswirken. Schnell können bei den Kunden Vermutungen auftreten, dass sie mit dem Geld für die Beisetzung das Luxus-Fahrzeug des Bestatters mitfinanzieren. Bei einer Kaufentscheidung sollte außerdem ein weiterer Aspekt in die Überlegungen mit einbezogen werden: Mit der zunehmenden gesellschaftlichen Anonymität wächst bei vielen Menschen das Bedürfnis, so wenig wie möglich aufzufallen. Aus diesem Grund bitten immer häufiger Kunden das von ihnen beauftragte Bestattungsunternehmen, für den Abtransport des Verstorbenen ein möglichst unauffälliges Fahrzeug zu verwenden. Abgesehen von diesen gesellschaftlichen Entwicklungen, die bei einem Autokauf berücksichtigt werden sollten, ist die Entscheidung für ein Fahrzeugmodell von weiteren Faktoren abhängig. Dazu gehören beispielsweise die eigenen Vorlieben in Bezug auf die Größe oder die Leistungsdaten des Fahrzeugs. Und: nicht jeder Wagen kann als Bestattungsfahrzeug genutzt werden, da der Gesetzgeber spezielle Anforderungen an Bestattungsfahrzeuge erlassen hat.
Gesetzliche Bestimmungen
Die technischen Anforderungen, die ein Wagen erfüllen muss, um vom TÜV als Bestattungsfahrzeug zugelassen zu werden, sind in der DIN-Norm 75081 verankert. So müssen die für den Transport von Toten verwendeten Fahrzeuge unter anderem über eine stabile und durchgehende Querwand zwischen Führerkabine und Sargraum verfügen. Zu den weiteren Bestimmungen gehört unter anderem die Auslegung des Sargraum-Bodens mit einem leicht zu reinigenden Belag oder auch eine Sicherungsvorrichtung, um ein Verrutschen des Sarges zu verhindern und einen sichereren Transport zu gewährleisten.
Abgasnormen und Abwrackprämie
Aber auch die aktuelle Diskussion über Abgasnormen spielt bei Überlegungen zur Anschaffung eines Fahrzeugs eine Rolle. So hat beispielsweise das EU-Parlament die Grenzwerte für die Abgasnormen Euro 5 und Euro 6 festgesetzt, wodurch die Autoindustrie ab dem 1. September 2009 bzw. ab dem 1. September 2014 bei der Fahrzeugproduktion neue Abgasgrenzwerte berücksichtigen muss. Heiß diskutiert wird auch die neue Kfz-Besteuerung und vor allem die so genannte „Abwrackprämie“. Mitte Februar 2009 wurde diese Umweltprämie im Rahmen des Konjunkturpaketes II von der Regierung beschlossen. Unter bestimmten Voraussetzungen wird Autobesitzern für die Verschrottung ihres Autos eine Prämie in Höhe von 2.500 € gezahlt. Zu den daran geknüpften Bedingungen gehört, dass das Fahrzeug mindestens neun Jahre alt und seit einem Jahr auf den Halter zugelassen sein muss. Außerdem muss der Kauf eines Neuwagens nachgewiesen werden, der die Abgasnorm 4 erfüllt. Insgesamt 1,5 Milliarden Euro hat die Regierung dafür vorgesehen. Für gewerbliche Nutzer, und damit auch für Bestattungsunternehmer, ist diese Diskussion jedoch uninteressant – außer, sie möchten ihr Privat-Auto verschrotten lassen und sich ein neues Fahrzeug zulegen. Die Prämie gilt ausschließlich für private Halter und ist zeitlich begrenzt: auf Neuwagen, die ab dem 14. Januar gekauft und bis zum 31. Dezember 2009 zugelassen werden.
Über die gesetzlichen Anforderungen hinaus
Unabhängig von den gesetzlichen Vorschriften hat jeder Autofahrer spezielle Vorlieben in Bezug auf die technischen Vorrichtungen und Leistungsdaten, die sein Auto erfüllen sollte. Für viele Bestatter unabdingbar ist zum einen eine ausreichend große Fläche, um Särge problemlos in das Fahrzeug befördern zu können. Der als Undertaker Tom bekannte Bestatter, der im Internet die Seite bestatterweblog.de betreibt, schreibt beispielsweise: „Alle Fahrzeuge, bei denen die Särge gerade eben so hineinpassen, scheiden für mich aus.“ Für ihn entscheidend ist zudem ausreichend Platz im Fahrerraum – sowohl für die Personen, die dort sitzen, als auch zum Verstauen von Gegenständen. Auch die Motorisierung des Fahrzeugs spielt für ihn eine wichtige Rolle. „Es muss mit 600 oder 700 Kilo Zuladung immer noch zügig fahren können und trotzdem beherrschbar und leicht zu bremsen sein“, so der bloggende Bestatter. Seine Vorliebe: „So schön die Leichenwagen auf der Basis eines großen Mercedes beispielsweise sind, so sehr mir persönlich diese Wagen auch gefallen, praktischer finde ich umgebaute Lieferwagen.“ Die Gründe: genügend Beinfreiheit im Fahrerabteil und eine ausreichende Ladefläche und Robustheit. Unabhängig von der Ausstattung macht auch er vor allem eine Beobachtung: Es komme immer häufiger vor, „dass die Kunden ein vollkommen neutrales Fahrzeug wünschen“.
Private Bestattungswagenfahrer
Während die deutschen Bestattungsgesetze vorschreiben, dass verstorbene Personen in speziell dafür ausgelegten Fahrzeugen transportiert werden müssen, ist die private Nutzung dieser Fahrzeuge in Deutschland jedem erlaubt, der einen PKW-Führerschein besitzt. Die Folge: Mittlerweile hat sich eine ganze Fan-Gemeinde rund um Bestattungsfahrzeuge gebildet. Sie trifft sich regelmäßig zu so genannten Leichenwagen-Treffen. Den Kontakt untereinander halten die privaten Fahrer der Bestattungswagen unter anderem über das Internet. In zahlreichen Foren wie www.leichenwagen.de oder www.leichenwagenforum.de geben sie sich Tipps bei allen Fragen rund um Bestattungswagen, organisieren gemeinsame Treffen oder verkaufen privat Fahrzeuge.