Mit wachsendem Umweltbewusstsein rückt auch die Sargwäsche wieder in den Fokus: Nicht nur ästhetisch, sondern auch regional produziert, fair gefüllt und umweltverträglich soll sie sein.
Neben dem Material zählt auch die Herkunft: Häufig sollen es jetzt Rohstoffe aus der EU sein, die für die Bestattungswäsche verwendet werden. „Noch vor einigen Monaten war die Nachfrage nach naturverträglichen Standards eher zurückhaltend“, sagt Gabriele Löw von Goetz Trauerwaren. „Seit das Thema in all seinen Facetten medial stark präsent ist, sind auch Kunden zunehmend sensibilisiert und zeigen Interesse an Naturmaterialien wie unserer ungebleichten Garnitur aus Flachsleinen“, ergänzt Florian Söllner. Hanf und Flachs sind Materialien, die in Europa kultiviert und in Deutschland in einer familiengeführten Weberei gewebt werden, die faire Löhne zahlt. Im Anschluss werden sie von den Näherinnen im eigenen Betrieb final verarbeitet. So auch bei Thomas Nunnenkamp, der das hohe Qualitätsniveau und die Verlässlichkeit deutscher Fertigungsstätten betont und ergänzt, dass bei Lieferanten aus Deutschland auch Kinderarbeit ausgeschlossen werden könne – keine Selbstverständlichkeit in der Textilindustrie. Der Geschäftsführer von Bestattungswäsche Thomas Nunnenkamp entlohnt seine Näherinnen nach Tarif bzw. teilweise darüber und registriert auch bei seinen Kunden ein zunehmendes Interesse an „Made in Germany“ sowie eine Sensibilisierung für Sozialstandards.
Augen auf beim Öko-Kauf
Gabriele Löw ergänzt, dass das Thema ‚öko‘ so komplex sei, da nicht jedes verrottbare Naturmaterial auch nachhaltig gut für die Umwelt sei, wenn es andernorts unter umweltbelastenden Bedingungen angebaut und rund um den Erdball transportiert werde. „Selbst bei Bio-Baumwolle hinterlässt der Transportweg einen recht großen CO2-Fußabdruck“, so Florian Söllner. „Bei Krematorien mit ihren leistungsstarken Filtern und auch bei Friedhöfen spielt die Umweltverträglichkeit der Sargwäsche eine eher untergeordnete Rolle, obgleich die Friedhöfe mit der Wachsleichenproblematik zu kämpfen haben, wenn sie einen zu hohen Polyesteranteil bei Sarg- und Sterbewäsche zulassen.“ So fokussieren sich die meisten Friedhofsatzungen eher auf Särge und Urnen als auf Wäsche.
Siegel-Sicherheit
Anders bei Bestattern und ihren Kunden, die auch bei der Wäsche immer mehr auf „öko“ achten. Orientierung und den verlässlichen Nachweis der Materialbeschaffenheit von Sargwäsche nach Prüfung durch ein unabhängiges deutsches Institut gibt das Wäschesiegel des Bundesverbands Bestattungsbedarf e.V. Dies ist darum so wichtig, da Importware nicht selten falsch ausgezeichnet wird und ein verlässlicher Nachweis nur durch professionelle Tests erbracht werden kann. Das Siegel erlaubt bis zu 1/3 Kunstfaser und schreibt 2/3 Naturfaser vor, beispielsweise Baumwolle oder Schafwolle. „Der Kunstfaseranteil dient der Steifigkeit“, erklärt Gabriele Löw. Dieter Hopf von Hopf Pietätsartikel ergänzt: „100 Prozent Baumwolle bzw. Bauschwatte hat die Eigenschaft, zusammengedrücktes Volumen nicht mehr auszugleichen. Das Dilemma ist, Volumen und Verrottbarkeit im Füllmaterial zu vereinen.“ Sein Unternehmen verwendet 30 Prozent Polyester und 70 Prozent Viskose, die Fasern werden durchgepustet und gemischt. Um das Volumen stabil zu halten, werden sie im Anschluss thermisch verfestigt. In Deutschland gibt es nur wenige Unternehmen, die sich auf diese Verarbeitung verstehen. Auch Thomas Nunnenkamp verkauft seine vollverrottbare, ungebleichte Ware, die dem Ökotex-Standard entspricht, mit einer Füllung aus unbehandelter Baumwollwatte. Er weist jedoch ebenfalls darauf hin, dass sie oft aufgrund der Beschaffenheit und Druckempfindlichkeit häufig nicht den ästhetischen Ansprüchen der Kunden genüge und das Preis-Leistungsverhältnis noch nicht ausreichend attraktiv sei.
„Unsere umweltfreundliche Nature Line ist in vier Qualitäts- bzw. Preisklassen erhältlich und mit 100% Schafwolle gefüllt, die natürlich in der gleichen Dicke fast doppelt so viel wiegt wie Mischwatte“, erzählt Iris Frieß von der Firma Spalt Trauerwaren. Für den Bezug verwendet Spalt je nach Ausführung Baumwollgewebe, Leinen aus Europa, biozertifiziertes Leinen aus Österreich oder, in der exklusivsten Ausführung, Loden aus Deutschland. „Beim Design setzen wir konsequenterweise auf Naturtöne, denn wer sich für eine natürliche Garnitur entscheidet, möchte dies auch sehen und zeigen.“ Umweltbewusste Bestatter legen sogar auf die Verpackung der Wäsche wert, erzählt Iris Frieß von Spalt Trauerwaren. Diese bestehe bei Spalt aus recyceltem Plastik.
Fair, farbig oder individuell
A propos Design: Optik und Haptik ist auch für Bestatter und vor allem seine Kunden wichtig, erklärt Thomas Nunnenkamp, der zu den Decken ergänzend zur Online-Präsentation hochwertiges Präsentationsmaterial liefert. Bei den Stoffen darf es bei der Firma Spalt auch gerne farbenfroh zugehen, berichtet Iris Frieß: „Ein Überraschungserfolg war vor einigen Jahren eine ursprünglich als Messe-Blickfang gedachte mit Herzen übersäte Decke“, erinnert sie sich und verkauft diese Decke auch noch heute häufig an Bestatter, deren Kunden einen jüngeren Menschen verloren haben. Traditionell dominiere noch immer Weiß und Creme. Diese Töne sind auch die Grundfarben des Pusteblumensortiments der Firma Hopf mit Urne, Decke, Kissen und Talar mit einem einheitlichen Motiv.
Allerdings hat auch Dieter Hopf die Erfahrung gemacht, dass Farben wirken, vor allem wenn sie eine ganz persönliche Geschichte haben: „Ob Lieblings-Shirt oder Topflappen, den die Oma immer bei der Zubereitung des persönlichen Lieblingsgerichtes benutzt hat – in unserer Patchworkdecke finden vertraute Stoffe Ihre letzte Bestimmung.“ In Waffelform oder diagonal – ein Passepartout in der passenden Farbe sorge optisch für Ruhe. Bis es soweit ist, ruhen Hopfs Schneiderinnen allerdings nicht, bevor die Decke nicht versendet ist, denn zwischen Auftrag und Erhalt der Stoffmuster und der Bestattung ist meist nur wenig Zeit. Selbstverständlich sei die Decke auch in vorrätigen Stoffen erhältlich. Ein moderner Klassiker sei Jeansstoff im Sarg. „Vor ca. einem Jahrzehnt wurde etwas Passendes für einen jungen Mann gesucht, der mit 23 Jahren mit seinem Motorrad verunglückt war und dessen Lebensgefährtin auf einer offenen Aufbahrung in der Motorradkluft bestand“, erinnert sich Dieter Hopf. Noch heute ist die Komplettgarnitur inklusive Hemd mit Druckknöpfen, alles mit Doppelnaht und Goldfaden, generationsübergreifend angesagt.
Sterbewäsche? Natürlich!
Geht es um das Einkleiden des Verstorbenen, zählen für Bestatter Ästhetik und Schnelligkeit. Zusätzlich wird auch bei Sterbewäsche in letzter Zeit verstärkt auf Umweltstandards geachtet, die jedoch nur selten erfüllt werden, wenn der Verstorbene in seiner eigenen Kleidung bestattet oder eingeäschert wird. Anders bei umweltfreundlichen Talaren. Denn ob Feuer oder Erde: Leinen hinterlasse keine schädlichen Rückstände und verrotte nach 15 Jahren in der Erde, erklärt Dieter Hopf. „Ein Anzug oder Kostüm aus europäischem Leinen ist nicht nur gut für die CO2-Bilanz, sondern erleichtert dem Bestatter auch die Arbeit, da die Kleidung auf der Rückseite offen ist.“ Seien früher Anzüge mit Fliege sehr gefragt gewesen, überwiege heute die Kombination mit Krawatte. „Das Damenkostüm ist Dunkelblau mit einem schönen Schal. Dieser animiert Hinterbliebene bei der Abschiednahme oft dazu, ihn noch einmal nachzudrapieren oder bei kalter Witterung fürsorglich enger anzulegen. So beginnt eine gesunde Trauerbewältigung!“
Gut gebettet
Für diese ist es auch wichtig, dass der Verstorbene im Sarg „geborgen“ scheint. Sargwäsche verbindet Innen und Außen zu einem Raum, der den Hinterbliebenen bei der Trauerfeier Ruhe schenken und Zuversicht vermitteln kann, weiß Thomas Nunnenkamp. „Unsere Sarginnenausstattungen können in alle Unterkastenformen eingesetzt werden. Sie sind so konzipiert, dass sie mit geringstem Arbeitsaufwand montiert und auch schnell getauscht werden können.“
Die Sarginnenausstattung spielt vor allem bei der Aufbahrung eine Rolle, die in jedem Landstrich Deutschlands unterschiedlich praktiziert wird. Die Positionierung der Decke bei der Aufbahrung spiegelt häufig die persönliche Note des Bestatters wider. Der eine schlägt sie ein, die andere legt sie flach auf den Sarg. Im ersteren Fall darf sie nicht zu viel Füllung haben, denn die Wattierung drückt sich immer in den ursprünglichen Zustand zurück. Einige Bestatter bestellen sogar eine individuelle Abnaht bei ihrem Wäschelieferanten. Ob aufgebahrt wird oder nicht, unterscheidet sich oft von Ort zu Ort, abhängig von der Tradition, dem Bestatter, dem Pfarrer bzw. der Pfarrerin und der Konfession. Bei Nunnenkamp beispielsweise können Bestatter je nach Wunsch und Aufbahrungsvariante alle Sargwäsche-Elemente und -Varianten in einem modularen Baukastensystem kombinieren – ob gefülltes oder nicht gefülltes Kissen, mit oder ohne Decke. Für den Geschäftsführer steht fest: „Ein stimmiges Ensemble mit Sarginnenausstattung, Kissen und Decke bietet Bestattern die Möglichkeit, sich zu profilieren.“
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